Aus dem Schönheitsschlaf erwacht: Clärchens Ballhaus feiert Wiedereröffnung

Über 100 Jahre Hochbetrieb: 1913 eröffnete Clärchens Ballhaus. Foto: Victor Marquardt

Lange war die Zukunft der legendären Berliner Institution in der Auguststraße in Mitte ungewiss. Der neue Investor hielt sich zu Plänen nach einer Sanierung bedeckt. Erst Ende letzten Jahres erhielten alle Mitarbeiter*innen ihre Kündigung. Es schien aussichtslos für Clärchens Ballhaus. Am Sonntag wurden die Türen für Gäste wieder geöffnet. 

Alles scheint wie immer, als wäre nichts gewesen. Der Biergarten von Clärchens Ballhaus erstrahlt im gewohnten Glanz mit den vielen Glühbirnen der Lichterketten, die quer über die Tische gespannt sind. Die Pflanzen sind üppig und es duftet nach Sommer. So erinnert man sich der lauen Abende, wie sie schon seit über 100 Jahren hier zu erleben sind. Eigentlich hat sich wirklich nichts verändert. Kies wurde aufgefahren und die Hecke gestutzt. Alles sieht ein bisschen ordentlicher aus, als man es bis zum letzten Jahr als regelmäßiger Ballhaus-Gänger kannte. 

Und doch ist jetzt alles anders. Die Situation ist eine ganz neue. Nicht nur, dass wir eine weltweite Pandemie verkraften müssen, die auch die Gastronomiebranche in jeder erdenklichen Weise in die Knie gezwungen hat. Bevor es zu dieser Wiederöffnung von Clärchens Pforten am 12. Juli kommen konnte, war über ein halbes Jahr lang ganz und gar nicht klar, ob hier jemals wieder Gäste im Biergarten sitzen geschweige denn das Tanzbein schwingen können. Ein Rückblick.

Als es im Sommer letzten Jahres hieß: Clärchens Ballhaus schließt und alle Mitarbeiter*innen werden gekündigt, da entwickelte sich im Bezirk Mitte und vor allem in der Kulturszene eine regelrechte Bewegung dagegen. Da das Ballhaus seit über 100 Jahren eine feste Größe im Kiezleben des Scheuenviertels war, konnten die Anwohner und vor allem die Stammgäste nicht akzeptieren, dass ihr Clärchens Ballhaus, eine Institution in der Berliner Tanzszene, bald nicht mehr da sein sollte. 

Die Ruhe vor der Sturm: Letzte Vorbereitungen im Biergarten am Nachmittag. Foto: Victor Marquardt

Petitionen wurden unterschrieben, es gab ein riesiges Medienecho. Nichts half, da bereits der Pachtvertrag mit dem damaligen Betreiber Christian Schulz gekündigt war. Auf die Frage, ob sie Näheres über die Zukunft des Ballhauses wüssten, gaben sich die Mitarbeiter*innen des Restaurants bedeckt. Man erfuhr lediglich, dass ihnen bereits im Sommer 2019 eine mündliche Kündigung ausgesprochen worden war und eine schriftliche bald darauf folgen sollte. Viele von ihnen arbeiteten schon seit Jahren oder sogar seit Jahrzehnten im Ballhaus. 

Schließlich wurde bekannt, dass der Berliner Fotograf Yoram Roth als Investor das Grundstück erworben hatte und Clärchens Ballhaus in seiner Form unbedingt weiter erhalten wollte. Im Januar sagte er im Interview, dass seine Mutter in der Auguststraße aufgewachsen sei und ihm dieser Kiez daher sehr am Herzen liege. Und Clärchens Ballhaus würde für die Berliner Kultur-und Tanzszene einfach zu viel bedeuten.

Nach kleinen Sanierungsarbeiten sollte es im Frühjahr wieder mit dem Betrieb im Restaurant und Biergarten, im Spiegelsaal und auf den Tanzflächen losgehen. Nachdem dann mehr als drei Monate lang gewerkelt worden war, kam Corona um die Ecke: Bars, Clubs und Restaurants mussten schließen. Es wurde still um Clärchens Ballhaus. Auf Anfragen kamen Vertröstungen, dass man selbst auch nicht wisse, wann es weitergehen soll. 

Endlich wieder möglich: Gemütliches Abendessen unter dem Glanz der Lichterketten. 
Foto: Victor Marquardt

Und auf einmal war es soweit. Sonntag, 12. Juli 2020. Clärchens Ballhaus öffnet sein Restaurant und seinen Biergarten. Mit etwas veränderter Karte, ein bisschen teurer ist es auch geworden, empfängt das Traditionshaus seine alten und neuen Gäste. Das Wetter könnte nicht besser sein. 25 Grad, ein richtig schöner Sommertag. Und fragt man die Gäste, sind die Antworten einstimmig. “Wir haben’s vermisst. Kommen ja schon über 30 Jahre her. Es ist toll, dass es wieder offen ist. Wirklich wahr.” – “Ich denke, der alte Charme ist erhalten geblieben – das gefällt mir.”

Also fast alles wieder beim Alten. Fast. Das Restaurant ist zwar geöffnet. Doch wann hier wieder geschwooft werden kann, das steht momentan noch in den Sternen.