16. July 2020
RedaktionPraxis trifft Kunst, Raum, Stadt
Am 16. und 17. Juli veranstaltet die Universität der Künste Berlin eine Demonstration: In einem Umkreis von 2020 Metern um das Gebäude der Hardenbergstraße 33 präsentieren Studierende der UdK Arbeiten und provozieren Begegnungen im öffentlichen Raum. “Für die Künste in Zeiten der Krise” heißt es da.
Wir als Kulturjournalist*innen werden die Veranstaltung begleiten, um zu zeigen, wie so eine Demonstration für die Künste aussieht, und auch die unerwarteten, kleinen Interventionen und Ereignisse dokumentieren.
Ihr könnt unserer Berichterstattung auf Instagram folgen, wo wir laufend Interviews und Beiträge veröffentlichen werden. Außerdem werden wir diesen Artikel täglich mit neuen Eindrücken und Fotos aktualisieren.

SNAPSHOTS
Die Frau, die Buchstaben auf das Plakat malt, das der Mann hält, und mit dem sie gemeinsam an der Demo teilnehmen wollen.
Die Frau, die mit Kind und Kegel um den Teich stolziert und schließlich behutsam mit der Fingerspitze die Wasseroberfläche berührt.

Die Frau, die in einer grellgelben Sicherheitsweste vor der metallenen Absperrung steht, zu den meterlangen Leinenbannern, die vom Balkon des Hauptgebäudes der Universität der Künste herunterhängen, schaut, den Blick dann aber zum Wasser abwendet, das in einer Plastikflasche neben ihr auf dem Boden steht, ohne es zu trinken.

Die Menge, die hinter einem weißen Hasen hinterläuft, während der Hase zu Orgelmusik ein Kind tauft (Tiergarten).

Sonnenschein über der Wiese gegenüber der UdK, auf der ein paar Menschen sitzen und stehen und auf eine Leinwand , die einen Fernsehbildschirm zeigt, schauen, unter der ein Mann mit Rollator entlanggeht. (Steinplatz 16:30)

Die Studierenden, die nach einer Toilette suchend im Konzertsaal fast in eine Aufnahmeprüfung platzen und Hoffnung auf ein kommendes Präsenzsemester bekommen.

Der Mann mit dem Fahrradhelm und den Altersflecken auf den Händen und die junge Frau mit den rotblonden Haaren, die sich beide für die Videoarbeit interessieren und an diesem Nachmittag kurz miteinander sprechen.

Der Schauspieler mit Adidasjacke und Turnschuhen, der vor der Menge der Gesichter mit Masken steht und von der Liebe erzählt. (Konzerthalle UdK Berlin)

Der Mann, der am Einsteinufer von seinem Fahrrad absteigt, um Studierenden dabei zuzusehen, wie sie sich in Coronazeiten mit Bienen anfreunden und sich von ihrer Webcam beobachtet fühlen.

Vom Elefantentor laufe ich die Budapester Straße entlang. Ich steuere auf ein Einkaufszentrum zu. Billige Leuchtreklamen strahlen mir entgegen. Es gibt I Love Berlin-T-Shirts zu kaufen. Neben einem Café lädt ein künstlicher Brunnen zur Entspannung ein. Im Untergeschoss gibt es Home Defense Pistoles und Irish coffee für 3,30 Euro. Die Stimme will, dass ich in den Spiegel blicke. Ich sehe ein verunsichertes Gesicht. Die Glasfassaden, Menschen, die von einem Laden in den nächsten hetzen – ich bin an einem Ort, der mich befremdet. Einem Ort, den ich sonst nicht betreten würde. Doch die sanfte Stimme in meinem Ohr öffnet mir an diesem Ort eine neue Welt. Sie lässt mich mit ihren Gedanken durch die grauen Gänge wandern. Sie erzählt von Menschen, die alleine an Tischen sitzen. Davon sehe ich hier viele. Ich sehe, wie sie einsam an Cocktails schlürfen. Wie sie gedankenverloren auf das klare Wasser des Brunnens blicken. Aber vielleicht genießen sie ja die Einsamkeit?