Eintauchen in Childish Gambinos Because the Internet

In der neuen Staffel seines preisgekrönten Podcasts Dissect nimmt Moderator Cole Cuchna das bahnbrechende Album Because the Internet von Childish Gambino Stück für Stück auseinander und setzt es mit einer neugewonnenen Hochachtung wieder zusammen.

2011 hat mir ein Schulfreund via MSN Messenger mit “Kommt dir der bekannt vor?” ein Musikvideo geschickt. Ich erkannte den jungen Mann, der in dem Single-Shot-Video energetisch und grazil zugleich in einer leeren Fabrikhalle tanzt und rappt, nicht sofort. Grund dafür war ein medialer Sprung: Bis dahin kannte ich ihn nur als Troy Barnes aus der Serie Community. Kaum acht Jahre später veröffentlichte er wieder ein Musikvideo (wieder single-shot) in einer leeren Fabrikhalle (wieder energetisch-grazil tanzend) – die Gefahr nicht erkannt zu werden, ist seitdem vom Tisch: Mit This is America hat sich Childish Gambino endgültig als Superstar etabliert. Unter seinem echten Namen Donald Glover kennt man ihn außerdem als Schauspieler (Lion King, Solo: A Star Wars Story, Community), Regisseur, Serienautor und Showrunner (Atlanta, 30 Rock). Er ist damit einer der erfolgreichsten multi- und interdisziplinären Talente unserer Zeit.

Tatsächlich hatte Donald Glover bereits vor zehn Jahren, als ich ihn im Musikvideo für Freaks and Geeks von seinem ersten Album Camp nicht erkannt habe, eine Karriere, die sich einer einfachen Kategorisierung entzog. Sein gesamtes Schaffen ist aus seiner Umwelt gewachsen: digital, viral, absurd und ehrlich zugleich und post-post-post-irgendwas. Während seines Studiums war er Teil der ersten großen Sketch Comedy Welle auf der jungen Plattform YouTube. Später, neben seiner Arbeit an Community und 30 Rock war er einer der ersten großen Twitter-Accounts und veröffentlichte regelmäßig Mixtapes online.

2013 verschwand er von der Bildfläche. Er beendete seine Arbeit an Community, löschte alte Tweets und Blogeinträge. Im Dezember desselben Jahres veröffentlichte er das phänomenale Album Because the Internet. Über 19 Songs setzt er sich mit allem auseinander, was unsere Generation prägt: Einsamkeit bei gleichzeitiger ständiger Verbundenheit, polierte Social-Media Auftritte, Angst vor Bedeutungslosigkeit angesichts eines Überflusses an Möglichkeiten und natürlich Popkultur.

I used to care what people thought, but now I care more
I mean, nobody out here’s got it figured out
So therefore, I’ve lost all hope of a happy ending
Depending on whether or not it’s worth it, so insecure, no one’s perfect

Textauszug V. 3005

Aber Because the Internet ist vielmehr als Musik, es ist ein Konzeptalbum, inklusive eines kompletten Drehbuchs zum Mitlesen, verschiedenen Filmclips, Easter-Eggs, Alter Egos und anderen Rätseln, die es zu entschlüsseln gilt. Und genau das plant die gerade gestartete siebente Staffel des Podcasts Dissect.

Bildquelle: Dissect Podcast | dissectpodcast.com
Bildquelle: Dissect Podcast | dissectpodcast.com

Der Podcast nimmt sich in jeder Staffel ein neues Album vor, das auf die eine oder andere Art Konventionen gesprengt hat. Darunter bisher Beyoncés Lemonade, Kendrick Lamars To Pimp A Butterfly und DAMN und IGOR von Tyler, the Creator. In einer knapp einstündigen Folge je Song analysiert Cole Cuchna mit einer unvergleichbaren Hingabe Zeile für Zeile, Bild für Bild, Note für Note. Das Ergebnis ist ein Podcast, der einen stetig mit neuen Dimensionen von Vielschichtigkeit überrascht, wo man sie bis dahin nur erahnen konnte – auch in Werken die man vermeintlich bereits gut kennt. Dabei gewinnt man nicht nur eine Fülle an Hintergrundwissen, sondern eine erfrischende und augenöffnende Wertschätzung für die einzelnen Werke, ganz zu schweigen für Kunst und Kultur an sich.

Die neue Staffel erscheint ab jetzt exklusiv auf Spotify.