Walkürenritt-Challenge starten!

Den Pianisten Igor Levit nennen manche den bedeutendsten Klassik-Influencer der Gegenwart. Kürzlich startete er einen vielbeachteten Aufruf bei Twitter: Folgen seinem Kanal 150.000 Abonnenten, will Levit mit einer digitalen Wagner-Live-Performance überraschen. Ein Vorbild für weitere Klassik-Challenges?

Igor Levit (Foto: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, CC BY 2.0)
Igor Levit (Foto: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, CC BY 2.0)

Um sozialmedial auf wichtige oder kritische Themen aufmerksam zu machen, empfiehlt es sich dieser Tage, eine “Challenge” zu starten – man könnte auch sagen: eine Herausforderung digital an die Allgemeinheit auszusprechen. So geschehen zum Beispiel vor einiger Zeit bei der “ALS Ice Bucket Challenge”. Die Aufgabe damals: Sich möglichst unprätentiös einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf kippen, das Ganze filmen, ins Netz stellen und dabei am besten eine gute Figur machen. Die Herausforderung kam an und verbreitete sich rasant. Ziel war es, mehr Aufmerksamkeit und Spenden zu gewinnen für die degenerative Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, an der unter anderem auch Astrophysiker Stephen Hawking litt.

Was daran ebenso faszinierte: Wer sich traute, durfte im Anschluss an die eigene Schockdusche drei oder mehr neue Personen nominieren, es ihm oder ihr innerhalb von 24 Stunden gleichzutun. Das haben sich auch Prominente nicht zweimal sagen lassen: Rihanna, Will Smith, Ben Stiller, Stephen King, Taylor Swift, Helene Fischer oder Toni Kroos, sie alle haben mitgemacht. Und wie nebenbei rückte ALS ins Zentrum einer weltweiten Medienaufmerksamkeit.

Mittlerweile ist die Auswahl an sozialmedialen Challenges mannigfaltig. Einzig im Bereich der sogenannten Hochkultur, speziell der klassischen Musik, scheinen sie noch nicht so recht angekommen zu sein. Der 33-jährige Pianist Igor Levit wagt nun – eher unbeabsichtigt, wie es scheint – einen ersten Vorstoß in die schöne neue Challenge-Welt und startet einen Aufruf bei Twitter: “Beim Erreichen der 150.000 Follower Grenze spiele ich Wagners Walküre live auf Twitter. Ganz. (OHNE SINGEN!!!). Mit Walkürenritt. Und einem Ford Coppola T-Shirt.”

Herausforderung akzeptiert, mag da das Wagnerianer-Herz begeistert antworten, um einen Pianisten vom Range Levits einmal das große Werk bei Twitter spielen zu hören. Und auch wenn er mit seinem Aufruf wohl nicht explizit auf die wirtschaftlichen Nöte von Künstlern, die schwindende Begeisterung für klassische Musik bei jungen Leuten oder etwa die digitale Vernachlässigung von #richardwagner aufmerksam machen will, beweist Levit schon jetzt: Der Challenge-Mechanismus funktioniert, und das genauso für die Klassik.

Sein Post findet aktuell immer größere Verbreitung im deutschsprachigen Raum und der junge Pianist damit ständig neue Twitter-Follower. Mit jetzt rund 101 000 fehlen zwar noch eine Menge neuer Digital-Unterstützer, aber der Beitrag wurde zwischenzeitlich bereits rund 4 900 Mal mit “gefällt mir” markiert.

Was wirkt wie eine perfekt inszenierte PR-Idee, könnte der Schlüssel für eine erfolgreiche, digitalmediale Kommunikation der klassischen Musik sein, um neue, jüngere Zielgruppen zu gewinnen. Wie wäre es also, wenn wir den aktuellen Vorstoß nutzen und ihn zur “Walkürenritt-Challenge” ausbauen? Oder, internationaler: Wir starten die #wagnerdigitalchallenge!

Heißt: Sobald Levit seine 150 000 Follower erreicht und das Wagner-Werk online präsentiert hat, nominiert er drei weitere junge Pianistinnen und Pianisten, es ihm innerhalb einer Woche gleichzutun und (statt ganzer Oper) zumindest den Walkürenritt online zu präsentieren. Anfangen könnte man ja zum Beispiel mit @daniil_trifonov, @YujaWang und @jacobcollier.