Buchmesse vorm Bildschirm: “Die Blaue Hand”

Heute würde die Frankfurter Buchmesse starten. Vor einem Jahr noch strömte die Welt nach Frankfurt. Die der deutschsprachigen Literatur zumindest, die des Cosplays, dazu Liebhaber*innen von grüner Soße und Äbbelwoi. Weil all dieses nun ausfällt oder allenfalls via Lieferung stattfindet, bieten diverse Medien digitalen Ersatz an.

ZEIT ONLINE verschafft seit dem 7. Oktober mit der Blaue Hand genannten Serie all jenen Abhilfe, die nach Autor*innengesprächen dürsten und mehr über die Hintergründe jüngst entstandener Bücher erfahren wollen. Oder das Seelenleben der Schreibenden. 

Die Autor*innen der Interviewserie Die Blaue Hand. Screenshot via ZEIT ONLINE

Für eine konsequente Einstimmung empfiehlt die Zeitung Weißwein, seltene Zimmerpflanzen in Laptopnähe, Schnittchen und Suppe im Reagenzglas. Bücher aus dem eigenen Regal klauen sich zwar mit etwas weniger thrill, nahegelegt wird es dennoch. Auch einen Jutebeutel sollte man zur Hand haben, sollte er keine passende Werbeaufschrift haben, so die Redakteur*innen, könne man sich zumindest “Hölderlin-Jahr 2020” darauf kritzeln. Ein Schelm, wer dabei an den Feuilleton-Punk Lars Weisbrod denkt. Oder David Hugendick, den Literatur-Zampano von ZEIT ONLINE.

Letzterer traf am 9. Oktober auf Mely Kiyak. Die beiden sprechen über ihr neues Buch Frausein, über die Anziehungskraft des Schreibtischs, über die Flucht in Traumwelten. Übers Frau werden, insbesondere das Werden einer Frau in einer Gastarbeiter*innenfamilie. Im Gespräch berichtet Deutschlands vermutlich beste Kolumnistin ungewohnt persönlich davon, wie sie zu ebenjener Person wurde, die sich nie für mitteilenswert hielt, deren Mitteilungen jedoch immer wieder von besonderer Wichtigkeit sind.

Mely Kiyak im Gespräch mit David Hugendick. Video von ZEIT ONLINE

Die Atmosphäre ist natürlich kühler, distanzierter als in den Hallen der Buchmesse. Den Durchzug können wir uns selbst simulieren, Husten, Räuspern und Flurgespräche vermissen wir dafür kaum. Ich würde gern mehr von den Angeboten zur ausfallenden Buchmesse sprechen, aber ich muss schnell weiter, ein Zoom-Meeting, man kennts. Und danach im Zweifel Weißwein kaufen und literaturgeneigte Menschen im Hausflur suchen. 

Und eine Rezension schreiben – eine ausführliche Buchkritik zu Mely Kiyaks Frausein folgt in Kürze hier auf Praxis.

Weitere Programmhighlights der Blauen Hand:

Gestern Abend sprach Nick Hornby mit Dirk Peitz über seinen Roman zu Liebe in Zeiten des Brexit. Den Link gibt es hier.

Heute tratschen Sophie Passmann, Hannah Lühmann und Jo Lendle über das, was fehlt: Messeklatsch und Flurfunk.

Der letztjährige Buchpreisträger Saša Stanišić berichtet am 15. Oktober ab 18.30 Uhr nur über gute Dinge: Literatur, Video- und Brettspiele, evtl. Westling und Fußball.

Leif Randt spricht am 16. Oktober ab 18.30 Uhr über die Liebe der Gegenwart, über ihre Perfektionierung, über seinen Roman Allegro Pastell.

Mehr Informationen zur Serie und Links zu den Videostreams finden sich hier.