14. February 2021
Klaudia LagozinskiGöteborg Film Festival: Isolation und Gemeinschaft
Auch während einer globalen Pandemie kann ein Filmfestival stattfinden. Das zeigt die diesjährige Konzeption des Internationalen Filmfestivals in Göteborg, das zwischen dem 29. Januar und dem 8. Februar 2021 siebzig Filme zeigte.

Ein roter Teppich, ein gepolsterter Sitz, eine Leinwand, ein Filmfestival Anfang des Jahres 2021, während der weltweit anhaltenden Corona-Pandemie. Besucher*innenzahl: Eins. Während die Kinos in Göteborg zu dieser Zeit des Jahres eigentlich voll sind, sitzt in diesem Jahr nur jeweils eine Person in einem Stadion und in einem Kino in Göteborg und schaut sich eine Filmpremiere an. Der Rest streamt zuhause.
Das Festival begeistert seit 1979 Besucher*innen für skandinavische und internationale Filme. In den vergangenen Jahren zog es rund 160.000 Menschen in die Stadt, während es dieses Jahr als hybride Erfahrung stattfindet. Die meisten Zuschauer*innen sehen die Filme zuhause, doch haben sich die Organisator*innen einige besondere Veranstaltungen überlegt.
Für umgerechnet rund 30 Euro konnten Menschen, die sich zum Zeitpunkt des Festivals in Schweden aufhielten, einen Festivalpass erwerben und alle Filme vom 29. Januar bis zum 8. Februar 2021 vom Sofa aus streamen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Streamingdiensten waren die Filme jeweils nur für einen begrenzten Zeitraum online verfügbar, Premieren gab es so während den elf Festivaltagen täglich.
Und die Filme? Die waren international, doch ein besonderer Fokus lag wie jedes Jahr auf Filmen aus Skandinavien, was sich auch an den Filmpreisen ablesen ließ. Unter anderem wurden Dragon Awards in den Kategorien Best Nordic Film, Best Swedish Short und Best Nordic Documentary vergeben.
Besondere Aktionen für besondere Kinoerfahrungen
Doch nicht alle mussten sich damit zufriedengeben, die Filme in den eigenen vier Wänden zu sehen. Zwei sogenannte “Isolated Cinemas” gab es im Jahr 2021 in Göteborg. Sowohl im Scandinavium, einer Multifunktionsarena, in die eigentlich mehr als 12.000 Besucher*innen passen, als auch im Draken Cinema in Göteborg saß dieses Jahr bei jeder Premiere ein*e Besucher*in. Die Karten für diese besonderen, pandemiegerechten Kinoerlebnisse wurden im Januar verlost.
Damit nicht genug: Eine Zuschauerin sah sich alle 70 Filme des Festivals im Pater Noster-Leuchtturm auf einer abgelegenen Insel an. Hier wurden Isolation und einzigartiges Filmerlebnis vereint. Laut Veranstalter haben sich mehr als 12.000 Menschen aus 45 Ländern für das isoliert-insulane Filmerlebnis beworben. Aus allen Bewerbungen setzte sich die Emergency Nurse Lisa Enroth aus Skövde, einer Kleinstadt 170 Kilometer nordöstlich von Göteburg, durch.
Die junge Frau mit pinken Haaren und einem breiten Lächeln blieb bis zum 6. Februar 2021 auf der einsamen Insel, sah die Filme und sprach in fünf- bis zehnminütigen Youtube-Videos, die unter goteburgfilmfestival.se veröffentlicht wurden sowohl über diese Erfahrung als auch darüber, was sie sich täglich ansieht und wie sie es findet.
Auch in Sachen Preisgeld ist das Göteborg Film Festival Spitzenreiter unter den Festivals: Es vergibt die am höchsten dotierten Filmpreise, die mit zusammengerechnet 1.000.000 SEK (knapp 100.000 Euro) dotierten Dragon Awards. Die pandemiegerechte, hybride und revolutionäre Umsetzung dieses Festivals zeigt: Mit Kreativität können auch im Pandemiejahr 2021 Filmfestivals umgesetzt werden.
Weiter Informationen über das Göteborg Film Festival und die dort gezeigten Filme gibt es unter https://goteborgfilmfestival.se/en/ auf Englisch.