Kunstmarkt-Karriere: Der lange Weg zum Erfolg

Wer es in der Kunst zu etwas bringen will, braucht ein dickes Fell. Doch wie lange hält man den beschwerlichen Weg zum Erfolg aus? Eine junge Kunsthistorikerin berichtet.

Werk und Foto: Victor Marquardt

Eine Kunstkarriere in Berlin: für viele ein Traum – der jedoch häufig unerfüllt bleibt. Sehr hoch ist das Bewerberaufkommen an Kunsthochschulen, verglichen mit den verfügbaren Plätzen. Zudem ist der Arbeitsmarkt in der Kunstbranche der Hauptstadt hart umkämpft. Wer das Glück hat, eine der wenigen, begehrten Stellen zu ergattern, kann sich glücklich schätzen. Genauso schnell, wie die Karriereleiter bestiegen ist, kann sie auch wieder herabgestürzt werden und der so sicher geglaubte Job der Vergangenheit angehören. 

Neben den Kunstschaffenden gibt es außerdem diejenigen, die mit Kunst handeln. Doch auch hier ist der Konkurrenzkampf nicht geringer als bei den Künstlerkolleginnen und -kollegen. 

Elena träumt schon lange von einer Karriere im Kunsthandel und arbeitet bereits ihr ganzes Studium darauf hin. Dank ihrer Familie kam sie schon im Kindesalter mit Kunst jeglicher Form in Berührung. Der Vater Dirigent, die Mutter Kuratorin im Kunstmuseum: Der Weg für Elenas Karriere in diesem Business wurde früh geebnet. 

Während ihres Bachelorstudiums in Kunstgeschichte und BWL, einer gern gesehenen Kombination in der Kunsthandelsszene, arbeitete Elena als Aufsicht in einem bekannten Auktionshaus in Berlin. Dieser Einstieg sei typisch, wenn man eine Karriere im Kunsthandel anstrebt, sagt sie: “Man betrachtet bei diesem Job zwar nur Kunst und achtet darauf, dass jedes Gebot bei der Auktion gesehen und erfasst wird, doch es ist wirklich spannend, diesen millionenschweren Kunstgegenständen so nah sein zu dürfen.” In der unsichtbaren Rangordnung des Auktionshauses  stehe man als Aufsicht allerdings weit unten. 

“Hierarchie ist sowieso das größte Problem im Auktionsgeschäft. Sie ist schier unmöglich zu überwinden. Wenn du dann noch eine Frau bist, ist es besonders schwer“, erklärt Elena.  Oft seien die leitenden Positionen in Auktionshäusern von Männern besetzt. Die Partner, so werden die Auktionshausleitenden genannt, sind Teil einer Männerdomäne. Bei dem Haus, in dem Elena gearbeitet hat, sind es beispielsweise fünf Männer und eine Frau. Und obwohl das Auktionshaus stets betont, sich immer wieder neu erfinden zu wollen, um auch das aktuelle Zeitgeschehen einfangen zu können, empfindet Elena diese Aussage als vorgetäuschtes Argument für Modernität, da gleichzeitig mit konservativen Hierarchien und veralteten Strukturen weitergearbeitet werde. 

Werk und Foto: Victor Marquardt

Ein Einstieg für Neulinge, selbst mit einem ausgezeichneten Hochschulabschluss in Kunstgeschichte, ist nahezu unmöglich. “Früher dachte ich mir: Vielleicht entdeckt mich jemand! Dann merkst du aber, dass da noch 30 andere sind”, schildert Elena die Situation. Zwar gäbe es auch Praktika in Auktionshäusern, aber die seien eine Seltenheit. Nur bei relativ unbekannten Galerien sei ein Einstieg mit einem unbezahlten Praktikum möglich. 

Sie selbst hat ein mit Sehr gut abgeschlossenes Masterstudium in Kunstgeschichte vorzuweisen. Corona spiele bei einer Jobsuche im Moment nicht gerade gut in die Karten, sagt sie. Eine Vollzeitstelle, die sie vor einigen Monaten in einer Berliner Galerie zugesagt bekommen hatte, wurde ihr vor kurzem gekündigt. 

Trotzdem: An ein Aufgeben denkt sie nicht. “Für junge Menschen mit einer guten Ausbildung gibt es trotz des großen Konkurrenzdrucks dennoch Möglichkeiten, in das Kunstgeschäft einzusteigen”, versichert Elena. Zudem schätzt sie an dieser Branche die Möglichkeit, unglaublich viele Menschen kennenzulernen. Die Fluktuation sei sehr groß und die Erfahrungen, die man als junger Mensch auf dem Kunstmarkt sammeln würde, essentiell für die spätere Karriere. Momentan wird die 24-Jährige zwar von Existenzängsten geplagt und hinterfragt ihr langes und aufwendiges Studium. Doch sie bleibt fest entschlossen, ihre Karriere in der Kunst nicht so schnell aufzugeben. 

Der Name der Protagonistin wurde von der Redaktion geändert.