Ohne musikalisches Ablaufdatum

Das Musikvideo “Holding Poison” vom Foo Fighters-Album
Medicine at Midnight.

Eigentlich wäre Medicine at Midnight, das zehnte Album der Alternative-Rockband Foo Fighters im Jahr 2020, zum 25-jährigen Jubiläum der sechsköpfigen Band aus Seattle, erschienen. Die Band mit Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl als Leadsänger hätte getourt, dann kam Corona. Das Album war laut Dave Grohl fertig, doch die Veröffentlichung des Werks mit neun Songs erfolgte erst ein Jahr später – am 10. Februar 2021.

Dass das Album ein Jahr später als geplant erschien, hört man ihm nicht an. Schon der erste Song „Making a Fire“ vermittelt ein Gefühl von Aufbruch, Veränderung und Hoffnung: durch einen Einstieg mit Schlagzeug und E-Gitarre, einem Hintergrundchor sowie einer gekonnt eingesetzten Leadstimme inklusive einem Grundrauschen, das sich durch den Song zieht. Dies wird durch simple und dennoch durchdringende Lyrics verstärkt: “I’ve waited a life time to live/ It’s time to ignite/ I’m making a fire.”

Auch bei diesem Album schafft es die Band, durch zeitlose Texte über das, was wir als Menschen fühlen, sowie Emotionen wie Liebe, Angst, dem Wunsch nach Veränderung – klangvoll verpackt in Metaphern – ein Album zu konstruieren, dem man nicht anhört, ob es 2021 oder 1994 erschienen ist. Es passt in beide Zeiten, klingt modern und vertraut zugleich, langweilt nicht.

Zwischen ruhig und kraftvoll, melodisch und kratzig

Die Band um Dave Grohl (Gesang, Gitarre), Nate Mendel (Bass), Pat Smear (Gitarre), Taylor Hawkins (Schlagzeug, Percussion, Vocals), Chris Shiflett (Gitarre, Vocals) und Rami Jaffee (Keyboard, Piano) findet eine Balance zwischen schnell und langsam, zwischen laut und leise. “Holding Posion” ist geprägt von kratzigen E-Gitarren, die den Ton und die Melodie setzen, den Song dominieren sowie die Stimme begleiten und sich durchziehenden Drums, die die Geräuschkulisse vervollständigen. Der Song fühlt sich an wie Wellen auf dem Meer, die sich immer wieder brechen und dennoch rhythmisch wirken.  

Im Vergleich dazu wirkt “Chasing Birds” ruhig, melancholisch, wie ein Rückblick auf das, was war. Akkorde auf der Akustikgitarre werden angeschlagen und Dave Grohls Stimme ist leicht, fast flüsternd im Vergleich zu der (Laut-)Stärke und den instrumentalen Überlappungen bei anderen Songs wie “Shame Shame“.

Textlich könnte vieles, was die Band singt und instrumental umsetzt, auch in einem literarischen Gedichtband stehen, so auch bei letztgenanntem Song: Another splinter under the skin/ Another season of loneliness/ I found a reason and buried it/ Beneath a mountain of emptiness. Solche Reflexionen auf das Leben, das Zwischendrin wird von der Band in Musik übersetzt, die sich auch nach mehr als 25 Jahren noch passend anfühlt.

Eine definitive Daseinsberechtigung

Trotz nur knapp 36 Minuten Albumlänge fühlt sich Medicine at Midnight dank der Vielfalt wie eine lange Nacht mit Freunden am Lagerfeuer mit philosophischen Gesprächen an, die irgendwann im Morgengrauen endet.

Foo Fighters sind auch nach mehr als zwei Jahrzehnten nicht aus der Zeit gefallen, haben durch starke Texte, eine unverkennbare Lead-Stimme, geschickten Einsatz von Drums und Gitarren – und manchmal sogar Streichern – sowie einem großen Talent für die Komposition facettenreicher Rock-Songs immer noch eine Daseinsberechtigung. Die Band liefert ein rundum gelungenes zehntes Album, das durch zum Nachdenken anregende Texte, geschickte Verwendung von Instrumenten, Kraft und Gefühl überzeugt.

Foo Fighters: Medicine at Midnight, erschienen am 10. Februar 2021, 36 min. 35 sek., Encino: Los Angeles